
„The Book of Joy“ ist das Ergebnis einer aussergewöhnlichen Begegnung zwischen zwei der bedeutendsten spirituellen Führer unserer Zeit: dem Dalai Lama und Erzbischof Desmond Tutu. Im Jahr 2015 trafen sie sich in Dharamsala, Indien, um den 80. Geburtstag des Dalai Lama zu feiern – und um gemeinsam über die tiefere Bedeutung von Freude und Glück zu reflektieren. Begleitet und dokumentiert wurde dieses Gespräch von Douglas Abrams, der ihre Gedanken in ein zugängliches, tiefgründiges Buch verwandelte.
Im Zentrum des Buches steht die Frage, wie man dauerhafte Freude in einer Welt voller Leid, Konflikte und Unsicherheit finden kann. Beide Männer haben selbst schwere Lebenskrisen durchlebt: Der Dalai Lama lebt seit Jahrzehnten im Exil, getrennt von seinem Heimatland Tibet, während Desmond Tutu als führender Gegner der Apartheid in Südafrika mit Gewalt und Unterdrückung konfrontiert war. Trotz dieser Erfahrungen strahlen beide eine bemer-kenswerte Lebensfreude aus – ein Paradox, das sie in diesem Buch gemeinsam zu entschlüs-seln versuchen.
Das Buch gliedert sich in mehrere thematische Abschnitte. Zunächst sprechen die Autoren über die Hindernisse der Freude: Angst, Stress, Wut, Trauer, Einsamkeit, Neid und das Leiden an der Vergänglichkeit. Sie betonen, dass diese Gefühle zwar menschlich und unvermeidlich sind, aber nicht zwangsläufig unser Leben dominieren müssen. Entscheidend sei, wie wir mit ihnen umgehen – und ob wir in der Lage sind, ihnen mit Mitgefühl und innerer Stärke zu begegnen.
Ein zentraler Bestandteil des Buches sind die „Acht Säulen der Freude“, die in zwei Kategorien unterteilt werden:
• Qualitäten des Geistes:
• Perspektive
• Demut
• Humor
• Akzeptanz
• Qualitäten des Herzens:
• Vergebung
• Dankbarkeit
• Mitgefühl
• Grosszügigkeit
Diese Säulen bilden das Fundament für ein Leben voller Sinn und innerer Zufriedenheit. Der Dalai Lama und Desmond Tutu erläutern jede dieser Säulen anhand persönlicher Geschich-ten, spiritueller Einsichten und praktischer Übungen. Dabei wird deutlich, dass wahre Freude nicht aus äusseren Umständen entsteht, sondern aus einer inneren Haltung der Offenheit, Verbundenheit und Liebe.
Besonders berührend ist die tiefe Freundschaft zwischen den beiden Männern, die sich durch das gesamte Buch zieht. Ihre Gespräche sind geprägt von gegenseitigem Respekt, aber auch von Humor und Leichtigkeit. Immer wieder necken sie sich liebevoll, lachen gemeinsam und zeigen, dass Spiritualität nicht trocken oder dogmatisch sein muss, sondern lebendig und menschlich.
Neben philosophischen Reflexionen enthält das Buch auch praktische Anleitungen zur Förderung von Freude im Alltag. Dazu gehören Atemübungen, Meditationen, Gebete und achtsame Rituale, die helfen sollen, den Geist zu beruhigen und das Herz zu öffnen. Die Autoren betonen, dass diese Praktiken keine religiöse Zugehörigkeit voraussetzen, sondern universell anwendbar sind.
Ein wiederkehrendes Thema ist die Verbindung zwischen Freude und Mitgefühl. Beide Autoren sind überzeugt, dass echte Freude nur dann entstehen kann, wenn wir uns mit anderen verbunden fühlen und aktiv zum Wohl anderer beitragen. Freude ist also nicht egoistisch, sondern zutiefst altruistisch – ein Gedanke, der auch in Ricards Buch „Altruism“ eine zentrale Rolle spielt (vgl. dazu meinen nächsten Blog-Beitrag).
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